“Die Letzten werden die ersten sein” ist ein Spruch, den ich als Kind oft gehört habe. Denn ich bin ein sogenanntes Sandwich-Kind. Als zweites von insgesamt drei Kindern, bin ich gewohnt, nicht die Erste zu sein und auch mal auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Das waren manchmal Kleinigkeiten wie “Vorne sitzen dürfen” aber auch wichtigere Dinge wie der Kampf um das größte Zimmer. Ehrlich gesagt war das manchmal ziemlich kräftezehrend, aber ich habe schon als junges Mädchen zwischen zwei Brüdern gelernt, dass sich eine sanfte Hartnäckigkeit, mit etwas Geduld gepaart, langfristig auszahlt. Und dass man immer wieder auf sich Aufmerksam machen muss, weil man sonst droht, vergessen zu werden. Dass das mitunter eine sehr emotionale Geschichte sein kann ist verständlich, oder?
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ToggleDer Januar ist zum Fühlen da
Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass der Januar zum Fühlen da sei. Ich weiß nicht, ob die Verfasserin das generell oder nur auf diese verflixte Situation bezog. Doch genauso war es auch in diesem, schon so emotional startendem neuen Jahr, auf dem so viel Hoffnung und Erwartung liegt. Auch wenn die Gefühle von “Fuck you 2021” über “Es geht mir okay” bishin zu “Yeah, endlich good news” reichten.
Für eine hochsensible Person ist das nichts Neues und für eine Mutter im Lockdown erst recht nicht. Dennoch hat mich dieser Januar, mit all seinen emotionalen Facetten, etwas verdeutlicht, dass mir schon lange im Kopf herumschwirrte. Und ich habe so einiges Neues über den Januar gelernt, das ich gerne mit euch teilen möchte. Doch dazu später mehr.
Anfang Januar: eine Absage
Denn dieses hoffnungs-schwangere Jahr startete erstmal mit einer Absage. Und das war die Nachricht, dass die Kitas auf eine erweiterte Notbetreuung für “Kinder, deren Eltern in der Daseinsvorsorge tätig sind” umsteigen. Eine, zugegeben nicht besonders überraschende und auch notwendige, Klatsche ins Gesicht und eine Absage an die eh schon sehr spärlich gesetzten Ziele fürs neue Jahr.
Und vielleicht klingt das merkwürdig: Aber irgendwie empfand ich es auch als eine persönliche Kränkung, weil wir als (arbeitende) Mütter, meiner Meinung nach, ziemlich daseins-vorsorglich tätig sind. Immerhin ziehen wir hier die Zukunft unseres Landes heran. Und diese Kinder musste in dieser Pandemien bereits sehr viel für zurückstecken. Geklatscht hat für dafür bisher jedoch Niemand.
Mitte Januar: ein Highlight und ein Rückschlag
Zwischen dieser “Absage” und der nächsten Enttäuschung lag aber ein richtiges Highlight: Der Abgang von Trump. Und die offizielle Bestätigung des neuen Präsidenten von Amerika: Joe Biden, der übrigens während der Amtszeit von Barack Obama Vizepräsident und somit Nummer Zwei, war. Und mein persönliches Highlight: die symbolisch und politisch so wichtige Ernennung von Kamala Harris, als erste afroamerikanische und amerkianischa-asiatische Frau im Amt der Vizepräsidentin der USA.
Die nächste Klatsche traf mich sehr: Unser Sohn, der diesen Sommer auf eine Schule mit besonderer pädagogischer Prägung eingeschult werden sollte, bekam eine Absage. Diese Schule war ein Hauptgrund, warum wir letzten Sommer in diesen Stadtteil gezogen waren. Weil ich unseren Erstgeborenen, der bei Einschulung gerade erst sechs wird, und überdies ein sehr gefühlsstarkes Kind ist, nicht auf einer großen Regelschule, das ihn in ein System presst, sehe, sollte er unbedingt auf diese Schule gehen. Ich hatte dieses dringende Gefühl in mir, nicht aufgeben zu wollen.
Rückschläge werfen dich nur kurz zurück, sie stoppen dich nicht.
Nach einem ernüchterndem Anruf und einer emotionalen Mail an den Schulleiter, schwand meine Hoffnung dann doch kurz. Ich fühlte mich so ausgeliefert und unbedeutend in einem System, das immer noch keinen individuellen Blick auf die Kinder und ihre Entwicklung wirft. Und vor allem sehr gefühlsstarke Kinder als ADHS abstempelt und medikamentös ruhigstellt. Ich war wütend! Und als Löwenmama, sanft und hartnäckig, schrieb ich dem Schulleiter erneut, warum ich der Meinung war, dass mein Sohn unbedingt auf diese Schule gehen sollte. Aufgeben blieb für mich keine Option.
Ende Januar: ein Triumph
Es dauerte noch drei Tage bis ich den mir erhofften Anruf erhielt. Ein anderes Kind war abgesprungen und somit wurde ein Platz für unseren Sohn frei.
Ich ließ meinen Gefühlen freien Lauf und heulte lautstark in meine Maske hinein, während ich ein Freudentänzchen aufführte. Das muss ein lustiges Bild gewesen sein, wie ich dort Mitten auf der Ottensener Hauptstraße stand. In dem Moment war es mir aber ziemlich egal, was die anderen Menschen vor mir hielten und auch, dass die Maske wohl für den Heimweg nicht mehr zu gebrauchen war. “Der Januar ist zum Fühlen da” hätte ich ihn am liebsten in ihre maskierten Gesichter geschrien!
“I hope that by being a ‘first,’ I inspire young people to pursue their dreams. The number of times I’ve heard the word ‘no’—or that something can’t be done—in my lifetime is too many to count.” Kamala Harris
Der Januar hat viele Gesichter
Und während ich diese Geschichten aus dem Januar niederschrieb, habe ich noch etwas erstaunliches über diesen besonderen Monat gelernt: Der Januar verdankt seinen heutigen Namen dem römischen Gott Janus, der mit zwei Gesichtern dargestellt wird. Dieser galt als Gott des Torbogens, des Anfangs und des Neubeginns, der Ein- und Ausgänge, der Türen und der Tore. Im Amtsjahr des römischen Kalenders war der Ianuarius ursprünglich der elfte Monat. Mit der Umstellung des Jahresbeginns vom 1. März auf den 1. Januar im Jahre 153 v. Chr. wurde der Ianuarius zum ersten Monat des Kalenders. Also Januar, du und ich haben auf jeden Fall etwas gemeinsam.
Gesicht zeigen und Geduld beweisen
Auch ich war als Sandwich-Kind nicht immer die Erste. Aber am Ende habe ich mit Ehrlichkeit und Hartnäckigkeit überzeugt. So habe ich zum Beispiel, trotz sehr schlechter Abiturnote, einen Studienplatz mit Wartezeit und weil ich mich persönlich beim Immatrikualtionsleiter vorgestellt haben, bekommen. Ich denke, weil ich einen langen Atem hatte, nicht bereit war aufzugeben und weil ich anstatt eines Namens auf einer Bewerbung, als echter Mensch in Erscheinung getreten bin.
Einen Tag, nachdem wir die Zusage der Wunschschule für unseren Sohn bekamen, meldete sich übrigens eine neue Kundin bei mir, um einen Auftrag zu bestätigen. Sie hatte sich, nachdem sie sehr viele Angebote bekommen und bereits zwei weitere Gespräche hatte, für mich entschieden. Als ich sie nach dem Grund für ihre Entscheidung fragte, antwortete sie: weil sie ein gutes Bauchgefühl bei mir hatte und weil ich so ehrlich war.
Mit dem Bauchgefühl voraus
Menschen treffen wichtige Entscheidungen aus dem Bauch heraus – auch Kaufentscheidungen, wie meine Geschichte zeigt. Das klingt zwar einfach, aber dennoch haben das viele Unternehmer:innen noch nicht verinnerlicht. Nur wer seine Inhalte an den emotionalen Bedürfnissen der Nutzer:innen ausrichtet, sich persönlich zeigt und darüber hinaus auch hält, was versprochen wird, gewinnt dauerhaft das Vertrauen der Menschen.
Dazu möchte ich euch auf einen kurzen neuro-biologischen Exkurs entführen. Das menschlichen Gehirn im Querschnnitt, von oben nach unten gesehen, ist in drei wichtige Teile aufgeteilt, die perfekt dem Golden Circle von Simon Sinek entsprechen und erklären, warum unser Bauchgefühl so wichtig ist.
Bauchgefühl schlägt Verstand
Unser jüngstes Gehirn, das Neocortex ist verantwortlich für alle unsere rationalen und analytischen Gedanken und Sprache. Die mittleren beiden Teile bilden unser limbisches Gehirn. Es ist verantwortlich für all unsere Gefühle wie Vertrauen, all unser menschliches und zwischenmenschliches Verhalten und auch für die Entscheidungsfindung.
Es berechnet auf Basis von Glückswahrscheinlichkeiten, ob sich ein Kauf oder eine andere Aktivität lohnt oder nicht. Sachliche Argumente sind ebenfalls wichtig, müssen sich aber immer gegen den ersten emotionalen Impuls. d.h. unser Bauchgefühl behaupten. Das bedeutet: Selbst, wenn alle Fakten (z.B. Preis, technische Daten, positive Rezensionen etc.) für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung sprechen, kann unser limbisches System dagegen sein.
Und hier liegt das große Potenzial, mit persönlichen Geschichten zu überzeugen. Wie in meiner Mail an den Schulleiter.
Zu fühlen bedeutet, lebendig zu sein.
Was ich aus diesem Januar mitnehme? Hartnäckigkeit, Geduld und persönliches Reinhängen zahlen sich immer noch aus. Was jedoch noch viel wichtiger ist: Wir alle sind Menschen, mit Gesichtern und mit Gefühlen.
Wir Menschen wollen bewegt und überzeugt werden. Wir dürfen unsere Gefühle zeigen. Auch im Februar. Und im März. Solange dieser Lockdown gilt und auch darüber hinaus.
Denn Gefühle sind gut, weil sie uns – auch wenn im Moment unser soziales Leben bis auf ein Minimum runtergefahren wurde – daran erinnern, dass wir Menschen und am Leben sind.
Die Letzten werden die Ersten sein
Und soll ich euch ein Geheimnis verraten? Ich glaube fest daran, dass Kamala Harris die nächste erste Präsidentin der Vereinigten Staaten wird. Und das wird sie sicherlich nicht, weil sie so gute Connections hat oder weil sie die beste Abiturnote hat. Nein, weil sie nicht aufgibt, eine Vision hat und weil sie erfrischend echt ist.
“My mother had a saying: Kamala, you may the first to do many things but make sure that you are not the last.” Kamala Harris
Und wer weiß? Vielleicht beginnt das Jahr in ein paar Tausend Jahren mit dem zweiten Monat Februar. Auch wenn ich das nicht erleben werde, freue ich mich ab jetzt auf jeden einzelnen neuen Monat im Kalender, weil jeder Monat das Potenzial hat, seine ganz eigenen einzigartigen Geschichten zu schreiben.
Und, wie war dein Januar bisher so? Und hast du auch schon Situationen erlebt, in denen du durch Hartnäckigkeit, Geduld und Persönlichkeit überzeugt hast? Dann teile deine Geschichte gerne mit mir.